Wir befinden uns im Jahr 1954. In einer kleinen Gemeinde in der Nähe von Nürnberg nimmt die Erfolgsgeschichte des heutigen Freiwilligen Sozialen Jahrs (FSJ) ihren Anfang. In der Diakonie Neuendettelsau rief deren damaliger Leiter Hermann Dietzfelbinger junge Frauen dazu auf, "ein Jahr ihres Lebens für die Diakonie zu wagen". Anlass war damals die Hundertjahrfeier der großen sozialen Einrichtung in Nordbayern.
Im Nachkriegsdeutschland herrscht in den Einrichtungen der Diakonie ein starker Mitarbeitermangel. Der Aufruf zum "Diakonischen Jahr" ist Ausdruck der Sorge, die sozialen Aufgaben nicht mehr ausreichend wahrnehmen zu können. Von Anfang an steht neben dem Interesse, Mitarbeiterinnen zu gewinnen, aber auch das Ziel: jungen Menschen Bildung für ihre weitere Lebenspraxis zu vermitteln.
Diakonisches Jahr findet viele Nachahmer
Der Aufruf wird gehört. In den ersten drei Jahren melden sich rund 250 Frauen freiwillig. Sie haben die unterschiedlichsten Hintergründe, unterbrechen dafür sogar ihr bisheriges Berufsleben. Einige sind Hausfrau, Schneiderin oder Fotografin - kommen aus der Landwirtschaft, der Fabrik oder einem kaufmännischen Beruf.
Nach diesen ersten drei Jahren kommt die Idee des Diakonischen Jahrs zum Durchbruch: Es entstehen in allen evangelischen Landes- und Freikirchen, aber auch in den evangelischen Kirchen einiger westeuropäischen Nachbarländer Programme für ein Diakonisches Jahr. Die katholische Kirche sowie andere Träger der sozialen Arbeit in Westdeutschland folgen dem Beispiel. Auch in der DDR entwickelt sich das Diakonische Jahr in kirchlicher Trägerschaft und bietet Christinnen und Christen im Staatssystem der DDR einen Freiraum zur Neuorientierung.
FSJ - ein Erfolgsmodell mit 70 Jahren Tradition
Das Gesetz zur Förderung eines Freiwilligen Sozialen Jahrs schafft 1964 in der Bundesrepublik schließlich den rechtlichen Rahmen. 2011 verändert und erweitert die Einführung eines Bundesfreiwilligendienstes (BFD) die Landschaft der Freiwilligendienste noch einmal deutlich. Heute sind allein bei den angeschlossenen evangelischen Freiwilligendiensten pro Jahr etwa 13.000 Freiwillige im Einsatz (8.200 FSJ, 4.800 BFD). Hinzu kommen bei diesen Träger 800 Freiwillige in den Auslandsdiensten. Bundesweit sind heute insgesamt rund 100.000 Freiwillige engagiert.
Freiwilliges Engagement für ein Jahr war und ist ein Erfolgsmodell. Das Konzept für ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) ist eine evangelische Erfindung mit 70 Jahren Tradition. Und es wird bis heute von vielen Menschen weitergelebt und weiterentwickelt.
Weitere Infos über das Diakonische Jahr, das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) und die Geschichte:
www.ev-freiwilligendienste.de
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Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) - zwei Generationen erzählen
Das FSJ ist eine evangelische Erfindung. Die Idee eines freiwilligen sozialen Jahres entstand 1954 mit dem Diakonischen Jahr. Seit 1964 gibt es das FSJ als offizielles Freiwilligenprogramm bundesweit. Zwei Freiwillige der Jahrgänge 1964 und 2014 erzählen, was ihnen ihr Freiwilligendienst persönlich gebracht hat.